Noah – mehr als nur ein Schutzengel?

Hier die Leseprobe für Noah – mehr als nur ein Schutzengel? – Band 2, exklusiv für meine Newsletter-Abonnenten…

Viel Spaß beim Lesen!

Noah

Den nächsten Tag startete ich auf Anraten meiner Eltern und Lamina mit einem Lichtbad. Einerseits hatte ich Sorge, dass meine Gefühle für Ava etwas in den Hintergrund treten würden, andererseits brauchte ich etwas Abstand zu ihr und allem Irdischen, um mich auf meinen Aufenthalt hier zu konzentrieren.

»Wie schön, du wirkst nicht mehr so angespannt wie zuvor«, bemerkte Lamina, als ich in den Palast zurückkehrte.
Dieses Mal lief alles anders zwischen uns ab und ich war dankbar dafür. Sie bedrängte mich nicht, und weder sie noch meine Eltern fragten ständig, wo ich mich aufhielt.

»Ja, es hat gutgetan, einiges an Ballast loszuwerden,« gab ich zu und dies entsprach der Wahrheit. Die irdischen Denkweisen und Empfindungen, die oft von Negativität, Ärger und Unzufriedenheit geprägt wurden, verschwanden in den Hintergrund und mein Fokus richtete sich neu aus. Wir hatten die Ehre, an der Schulung eines Jungengels teilzunehmen und der Gedanke beflügelte mich. Ich war neugierig auf den Engel, genau wie Lamina. Einzig mein Vater stand seiner Aufgabe mit Skepsis gegenüber.

Wir begleiteten ihn an diesem Morgen in den Hauptpalast unserer Ebene, der mir heute größer und eindrucksvoller vorkam, da ich länger nicht hier gewesen war. Mit seinen mächtigen Türmen, Kaskaden und Skulpturen erhob er sich in seiner weißen Pracht aus dem Park heraus und beherrschte den Platz.

Schon aus einiger Entfernung  schwang die riesige Pforte bereitwillig auf. Von ihrer Bauart her lief sie nach oben rund zu, und Ihre goldenen Ranken-Verzierungen glitzerten im hellen Licht der Umgebung. Abrupt blieben wir stehen, als drei Engel durch die Pforte auf uns zukamen. Ich zuckte innerlich zusammen, als ich die beiden Erzengel Raphael und Gabriel erkannte, die zunächst meinen Vater und dann Lamina und mich mit einem höflichen Nicken begrüßten. Genau wie Lamina neigte ich zur Ehrerbietung den Kopf und als ich wieder aufsah, hatte ich den Eindruck, dass mich beide mit Argwohn betrachteten. Sicher machten sie sich ihre Gedanken darüber, was mein Vater sich alles über mich und Lamina zusammenreimte. Da mein Vater als mächtigster Erzengel galt, wagten sie jedoch keinen Angriff. Die Frage war nur, wie lange das noch gutgehen würde.

»Das ist Muriel«, verkündete Gabriel voller Stolz und erst jetzt fiel mein Blick auf den Engel, der einen Schritt hinter den beiden in ihrer Mitte stand.

Das war also der Jungengel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit ihren langen, roten Haaren und den smaragdgrünen Augen sah sie wunderschön, aber noch wie eine Jugendliche bei den Menschen aus.

»Willkommen auf Angelus gradu«, sagte Lamina voller Ehrfurcht und lächelte Muriel an. Wir Engel konnten uns für ein Geschlecht entscheiden, mussten es jedoch nicht. Zudem war es jederzeit möglich, dieses anzupassen. Durch unsere Lichtgestalt war alles möglich. Vielleicht kam es durch unsere ständige Tätigkeit für die Menschen und unsere Verbindung zu ihnen, dass wir manches übernahmen. Interessant war, dass wir den Menschen nicht nacheifern sollten, da dies für höher entwickelte Wesen wie uns nicht passend erschien. Und doch taten wir es, teils jedoch nicht mit dem Bewusstsein dafür. Da war ich mir sicher. Sonst wäre nicht nur der irdische Alkohol hier verboten, sondern auch solche Entwicklungen. Für unsere Wesenheit zählte die Liebe untereinander und die suchte sich die passende Seele, das war entscheidend und sonst nichts.