Band 1 – Ein Schutzengel auf Abwegen

Was erwartet Euch mit der neuen Reihe „Ein Schutzengel auf Abwegen“?

Warum wird ein Schutzengel plötzlich sichtbar für die Menschen?

Hier ein Ausschnitt aus meiner neuen Romanreihe, exklusiv für meine Empfänger…

Viel Spaß beim Lesen!

Ava

 Ich stieg voll auf die Bremse. Nein, nein, nein! Das durfte doch nicht wahr sein! Vor Schreck setzte beinahe mein Herzschlag aus. Ich hatte ihn angefahren. Mit zitternden Händen öffnete ich die Tür und stieg aus. Ich spürte Angstschweiß auf der Stirn, als ich mich um das Auto bewegte, so fürchtete ich mich vor dem Anblick des Verletzten. Hoffentlich lag er nicht in seinem Blut am Boden. Endlich entdeckte ich den Mann, der zum Glück ohne Blutlache dasaß und zu mir aufschaute. Dabei sah er erstaunlich gelassen aus.
»Um Himmels Willen, geht es Ihnen gut?«
Meine Stimme zitterte, so wie mein ganzer Körper, als ich einen Schritt auf ihn zumachte und meine Hand zu ihm ausstreckte. Zu meinem Erstaunen nickte er und ließ sich von mir hochhelfen.
»Danke, ich bin nicht verletzt.«
Unter lautem Ausatmen fuhr ich mir mit der Hand zum Herzen und taumelte beinahe vor Erleichterung. Gott sei Dank!
»Ich habe Sie zu spät gesehen, Sie waren urplötzlich vor meinem Wagen aufgetaucht. Es tut mir so leid … Ist wirklich alles in Ordnung?«
»Ja. Ich war in Gedanken und hätte besser aufpassen müssen. Sie trifft keine Schuld.«
Ein lautes Dröhnen hallte durch das Parkhaus. Mit einem Aufschrei fuhr ich herum. Die Lärmquelle entpuppte sich als Auto, das hinter meinem Wagen stand und hupte, da ich die Durchfahrt blockierte. Hastig winkte ich dem Fahrer zu.
»Ich komme! Bin sofort zurück«, stammelte ich zu dem Fremden und schaffte es trotz meiner enormen Anspannung, den Wagen sicher zur Seite zu fahren. Als ich wieder ausstieg und auf den Mann zuging, stand er am Rand der Parkebene und betrachtete mich auf eine seltsame Weise.
Intensiv, zu intensiv. So, als würde er mich kennen. Ach Blödsinn, bestimmt war er durcheinander, da ich ihn angefahren hatte. Zum Glück war ich langsam gefahren. Mir fiel auf, dass er nicht nur außerordentlich gut aussah, sondern eine ungewöhnliche Ausstrahlung hatte. Er kam mir wie ein Guru vor, wie jemand, der mit seiner positiven Aura andere um sich scharte, sie anzog wie das Licht die Mücken.

Wer war dieser Kerl?

 

Noah

Als ich so in menschlicher Gestalt vor ihr stand, konnte ich es nicht fassen. Zum einen verblüffte mich, dass ich mich ihr tatsächlich zeigte und damit bewusst eine der wichtigsten Himmelsregeln verletzte. Zum anderen kam sie mir noch viel schöner und anziehender vor, als sie so direkt auf mich zukam. Ihre wunderschönen, großen Augen drückten noch immer Sorge, zugleich aber auch Neugierde und Verwirrung aus.
»Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Sie schauen mich an, als würden Sie einen Geist sehen.«Langsam kam sie näher auf mich zu. Ich beobachtete jeden ihrer Schritte, konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden. Aus dieser Perspektive und mit ihrer vollen Aufmerksamkeit auf mir, war ihre Präsenz einfach überwältigend. Ihre blonden Haare flossen wie flüssiges Gold um ihre Oberarme und ihre roten Lippen, die weich und verlockend aussahen, verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. »Sagen Sie doch etwas, Sie verunsichern mich total. Stehen Sie unter Schock?«
Ein weiteres Auto passierte uns, wobei mir die Abgase in die Lunge drangen, und einen Hustenreiz auslösten. Ach du Schande, dieser stoffliche Körper wurde schrecklichen Dingen ausgesetzt!
Normalerweise manifestierte ich mich nicht, denn dafür gab es keinen Grund. Nun war ich froh, diesen Angriffen auf den Körper nicht ständig ausgesetzt zu sein. Nach einem weiteren Räuspern fand ich endlich die Sprache wieder.
»Tut mir leid, es geht mir wirklich gut. Ich bin nur erschrocken, dass ich so kopflos zwischen den Autos herausgetreten bin.«
Auf ihr erleichtertes Lächeln trat ich auf sie zu und streckte ihr die Hand entgegen, ganz nach Manier der Menschen.
»Ich bin Noah.«
Ihr Blick huschte an mir entlang, als sie meine Hand ergriff, dann zog sich leichte Röte über ihre Wangen.
»Ava, freut mich.«
Ihre Berührung brachte mich beinahe zum Wanken, denn ich fühlte trotz meiner menschenähnlichen Hülle viel intensiver als ein Mensch. Wärme und Sehnsucht erfüllten mich in einer Intensität, dass es beinahe schmerzte. Am liebsten wollte ich sie augenblicklich in meine Arme ziehen und meine Lippen auf ihre senken. Nur mit Mühe hielt ich mich zurück und zog stattdessen die Hand zurück. Was war plötzlich mit mir los? »Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen? Ich möchte unbedingt wiedergutmachen, dass ich Sie so erschreckt habe«, entfuhr es mir.
»Tut mir leid, aber ich bin verabredet.« In dem Moment klingelte ihr Handy, dieses nervige Teil, mit dem sich alle Menschen neuerdings ständig beschäftigten, ganz als sei es ein Lebewesen, das ihrer Fürsorge bedurfte.
»Entschuldigen Sie.« Ava fischte das Handy aus ihrer Handtasche und wandte sich ab. »Sofia, ja, sorry, aber ich bin gleich da.«
Sie ließ ihr Telefon in die Handtasche zurückgleiten und sah mich unsicher an.
»Ich muss weiter. Kommen Sie klar?«
»Ja, Danke. Hätten Sie später etwas Zeit für meine Wiedergutmachung?«
Sie zögerte, doch dann bröckelte ihr Widerstand.
»Haben Sie eine Handynummer, dann würde ich mich nachher melden.«
Mist, ich hatte kein Handy. Ich fasste an meine Hose, eine weiße Leinenhose, die ich spontan als Kleidungsstück beim Erscheinen gewählt hatte, dann zu meinem passenden Hemd, das eine Brusttasche hatte.
»Nein, ich habe es vergessen. Könnten wir uns gegen vierzehn Uhr vor dem Parkhaus treffen?«
Zu meiner Überraschung nickte sie. Noch einmal musterte sie mich von Kopf bis Fuß, ihr Blick verharrte einen Moment an meinen Füßen, die in Latschen steckten.
»Gut, bis nachher.«
Damit eilte sie los.
Einen Moment stand ich noch da und starrte ihr hinterher, bis sie um die nächste Ecke verschwand. Himmel, war ich verrückt geworden? Was tat ich hier? Ich brach gerade zugleich mehrere himmlische Regeln: in Kontakt mit meiner Schutzbefohlenen zu treten, mich außerhalb eines Notfalls zu materialisieren und als Mensch umher zu wandeln.
Das nächste Auto fuhr an mir vorbei und brachte mich durch seine Abgase erneut zum Husten. Das löste mich aus meiner Starre, sodass ich aus diesem stinkenden, mit künstlichem Licht erhellten Bauwerk hinauseilte. Was für ein unattraktiver Ort. Alles grau in grau, vom Bodenbelag über die riesigen Pfeiler bis zu den Decken. Und dann dieser Gestank. Widerlich!